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Der demografische Wandel auf dem Weg zur Silver Society

Thüringen schrumpft, Thüringen altert und Thüringen konzentriert sich auf die Ballungsgebiete Erfurt, Jena und Weimar – zumindest, wenn man sich die Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung anschaut. Was bedeutet das für die Thüringen Bürger*innen, die Gesundheitsversorgung und was hat das mit Digitalisierung zu tun? Es ist Zeit über unsere Demografie und die Silver Society in Thüringen zu reden.

Es gibt eine Landflucht und unsere Bevölkerung altert – diese Fakten sind bereits bekannt. Wie ist der aktuelle Stand der Entwicklungen, welche Probleme werden auf uns zukommen und was kann Digitalisierung tun?

Das Thüringer Landesamt für Statistik hat 2020 die Bevölkerungsvorausberechnung für 2040 vorgenommen. Diese zeigt, dass Thüringen zwischen 2020 und 2040 wahrscheinlich etwa 13 Prozent der Bevölkerung verlieren wird. Doch dabei gibt es Unterschiede. Während die Bevölkerung entsprechend der Kalkulation in Weimar nur um wenige Prozent zurückgehen wird, prognostiziert man sogar einen Bevölkerungszuwachs für Jena und Erfurt. Alle anderen Landkreise werden dafür intensiver an Bevölkerung verlieren, voraussichtlich zwischen 9 und 31 Prozent.

Dazu wird unsere Bevölkerung älter. Die Altersgruppen „unter 20-Jährige“ und „20- bis 65-Jährige“ werden um 13 bzw. 24 Prozent abnehmen. Die Altersgruppe „über 65-Jährige“ wird dagegen um etwa 10 Prozent zugewinnen.

Dies hat immense Auswirkungen auf die Versorgungssysteme in Thüringen. Um besser Rückschlüsse ziehen zu können, kann ein Sektor isoliert betrachtet werden. Deshalb schauen wir folgend auf die Prognosen für den Sektor Gesundheits- und Pflegeversorgung.

 

Die prognostizierten Krankenhausfälle im Jahr 2040 werden trotz des Bevölkerungsrückgangs in etwa konstant bleiben (-1,9 Prozent). Der Behandlungsbedarf wird sich verschieben. Krankenhäuser werden mehr typische Alterserkrankungen behandeln. Zum Beispiel Herzkreislauferkrankungen (+ 10 Prozent) und Verletzungen durch Stürze (+ 2,5 Prozent). Dahingegen werden Behandlungen aus dem Bereich Schwangerschaft und Geburtenhilfe um mehr als 20 Prozent zurückgehen.

Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird ebenfalls bis 2040 und darüber hinaus stark anwachsen. So bedarf es laut der Prognose im Jahr 2040 etwa weiterer 40.000 Pflegeplätze in Thüringen. Kurz gesagt, die Bevölkerungsdichte im ländlichen Raum wird weiter abnehmen und die dort verbleibenden Bürger*innen werden höhere Versorgungsbedarfe haben. Außerdem muss beachtet werden, dass die Mobilität der Bürger*innen im Alter grundsätzlich abnimmt.

Planerisch ergeben sich so Spannungsfelder aus wirtschaftlichen Abwägungen, der Verfügbarkeit von Fachkräften für die Gesundheitsversorgung und den Abständen zu den nächstgelegenen Leistungserbringenden. Genau hier findet Digitalisierung einen Ansatz.

Beispielsweise durch Smart Housing, also das Verbauen von Sensortechnik in Wohnungen und Häusern, können alte Menschen länger in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben und Pflegende – egal ob Familie oder professionelle Pflegedienste – bei der Arbeit unterstützt werden. Die Sensoren können unter anderem die Vitalparameter der zu pflegenden Person überwachen, Stürze registrieren und melden oder die Zustände der Geräte in der Wohneinheit registrieren. Neuartige Wohnkonzepte mit dem Smart-Housing-Prinzip oder Aufrüstung der bestehenden Immobilien zu Smart Homes können eine Möglichkeit sein, den Bedarf an Pflegeplätzen und die Zahl der stationären Behandlungen in Krankenhäusern zu senken.

Auch telemedizinische Anwendungen werden zukünftig gerade im ländlichen Raum an Bedeutung zunehmen. So kann in kleineren Orten, in denen eine konventionelle Praxis aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Mangel an Fachkräften nicht mehr realisiert werden kann, durch einen Gesundheitskiosk der Versorgungsbedarf abgefangen werden. Dieses Konzept sieht einen Telemedizinraum vor, in dem eine medizinische Fachkraft zu festen Zeiten vor Ort Behandlung anbietet. Ärzt*innen sind ortsunabhängig per Telekonsultation zugeschaltet, können anleiten und die Anamnese vornehmen.

Weiterhin werden sich absehbar Gesundheitskompetenzzentren bilden, auf die Ärzt*innen bei Bedarf über ein sogenanntes Expert*innenkonsil zurückgreifen können. Die Patient*innen werden zukünftig wohnortsnah stabilisiert und unter Anleitung der Fachkräfte der betreffenden Erkrankung durch den Leistungserbringenden behandelt und dann bestenfalls zum Kompetenzzentrum verlegt. Eine solche Zentralisierung im Gesundheitssystem und die Behandlungsunterstützung durch Expert*innenkonsile kann dazu beitragen, die nicht vorhandene Verfügbarkeit von Fachkräften in den ländlichen Räumen auszugleichen und die Behandlungsqualität immens zu verbessern.

Die Digitalisierung bietet viele Chancen, die immer größer werdenden Herausforderungen unserer alternden Gesellschaft zu bewältigen. Wie am Beispiel der Gesundheits- und Pflegeversorgung gezeigt, bietet die Digitalisierung Chancen gerade und vor allem in den Bereichen Fachkräftemangel, Vernetzung und Kommunikation, menschliche Interaktion sowie Datenerfassung, Automatisierung und Kontrolle, die natürlich ebenfalls für alle anderen Lebensbereiche relevant sind.

 

Quellen: https://statistik.thueringen.de/webshop/pdf/2020/80116_2020_51.pdf

 


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