Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sprach Anfang Juni zum offiziellen Start des Projekts Gaia-X von einem „Moonshot“, einer Mondmission, die für Deutschland, Frankreich und Europa zentral sei, wenn es um wirtschaftliche Stärke und Souveränität geht.
Spätestens die Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen erkennen, dass es sich hierbei um mehr als ein Prestigeprojekt handelt. Eine sichere europäische Cloud hat an Bedeutung gewonnen.
Im Rahmen des Projektes GAIA-X werden die Grundlagen für den Aufbau einer vernetzten, offenen Dateninfrastruktur auf Basis europäischer Werte erarbeitet. Aus der Vernetzung dezentraler Infrastrukturdienste soll eine Dateninfrastruktur entstehen, die zu einem homogenen, nutzungsfreundlichen System zusammengeführt wird, in dem Daten sicher und vertrauensvoll verfügbar gemacht und geteilt werden können.
Wieso eine europäische Cloud?
Die Cloud ist der Dreh- und Angelpunkt des Digitalzeitalters – für Streaming-Angebote in der Freizeit, für Videokonferenzen im Job, für die Industrie 4.0, Telemedizin, autonomes Fahren oder die Smart City und künstliche Intelligenz.
Bisher dominieren jedoch Konzerne aus den USA das Marktumfeld, weswegen die Politik Abhängigkeiten vermeiden und stattdessen eine „vertrauenswürdige, souveräne digitale Infrastruktur für Europa“ etablieren möchte. Sie soll auch Basis für eine stärkere Datennutzung, bspw. des industriellen Mittelstands sein und so zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft beitragen.
Wie genau soll Gaia-X funktionieren?
Gaia-X soll ein einheitliches, nutzungsfreundliches System werden, das die Dienste unterschiedlicher Unternehmen verbindet und dafür Standards und Schnittstellen für den Datenaustausch entwickelt. Auch ein Identitätsmanagement, Abrechnungssystem und eine Nutzungsoberfläche werden bereitgestellt.
Daher ist von einem Ökosystem die Rede, das es Unternehmen erleichtern soll, mit Hilfe von Standards neue datengetriebene Geschäftsmodelle und Produkte zu schaffen und sich dafür stärker zu vernetzen. Wohlmöglich kann Gaia-X helfen, Unternehmen den Einstieg ins Cloud-Computing zu erleichtern. Denn häufig haben Unternehmen Bedenken hinsichtlich regulatorischer Anforderungen und Sicherheit. Auch die Skalierungsfähigkeit europäischer Cloud-Anbieter*innen kann mit Hilfe dieser Infrastruktur steigen. Denn Gaia-X bringt eine Art Marktplatz für Cloudservices hervor. Für alle frei, jedoch so geregelt, dass sich Investierende, Nutzende, Privatpersonen sowie Unternehmen sicher und geschützt fühlen. Eine europäische Cloud, in deren Rahmen wir regeln können, wie in Europa mit Daten umgegangen wird, hat das Potential, einen freien Dienstleistungsmarkt für IKT-Technologien in ganz Europa zu schaffen und Dienste ohne rechtliche Risiken entwickeln zu können.
Doch auch, wenn Gaia-X ein Gegengewicht zu den US-amerikanischen Tech-Riesen bilden soll, sind keinesfalls nur europäische Unternehmen am Projekt beteiligt. Sofern sie sich dem festgesetzten Regelwerk verschreiben, können sich grundsätzlich Unternehmen aus aller Welt einbringen. Sie sollen ihre Dienste hier nach europäischen Datenschutzregeln und Standards interoperabel anbieten. Gaia-X würde so auch zu einer Art Gütesiegel für Souveränität und Kontrolle über die eigenen Daten.
Wie weit ist das Vorhaben bereits?
Die Arbeitsgruppen arbeiten an Prototypen, um die Vorteile von Gaia-X zu verdeutlichen und einige Unternehmen haben bereits Produkte entwickelt, die den Vorgaben des Projektes entsprechen, um sie später über Gaia-X anzubieten. Doch noch ist viel zu tun und die Standards längst nicht fertig.
Insgesamt wirken mehr als 300 Firmen, Forschungsinstitute und Verbände mit. Ein Unternehmensverbund beabsichtigt, die Verwaltungsaufgaben zu übernehmen und die internationale Zusammenarbeit voranzutreiben. Er besteht aus 22 Unternehmen, die Hälfte davon aus Deutschland, die andere Hälfte aus Frankreich. Die gemeinsame Gaia-X-Foundation soll in Brüssel ihren Sitz erhalten. Zu den beteiligten Unternehmen zählen BMW, Bosch, Siemens, Telekom und SAP.
Die privaten Unternehmen sind es auch, die wesentlich zur Sicherung der Finanzierung beitragen werden. Öffentliche Fördermittel, bspw. aus Mitteln zur Förderung künstlicher Intelligenz werden nur einen Teil der notwendigen Investitionen abdecken.
Ausblick
Zunächst wird die Arbeitsfähigkeit der Gaia-X-Foundation sichergestellt, damit diese das Projekt steuern kann. Eines der hochgesteckten Ziele ist es, bereits Anfang 2021 erste Produkte vorweisen zu können.
GAIA-X ist ein Projekt von Europa für Europa. Zum aktuellen Zeitpunkt sind bereits Vertreter*innen aus sieben europäischen Ländern aktiv am Projektgeschehen beteiligt und das BMWi lädt weitere europäische Partner*innen dazu ein, sich dem Vorhaben anzuschließen und es mitzugestalten. Aufbauend auf existierenden Lösungen und deren Weiterentwicklung möchte es aus Europa heraus wettbewerbsfähige Angebote für die Welt entwickeln.
Alle Interessierten, die ihre domänenspezifischen und technischen Anforderungen einbringen und aktiv mitarbeiten wollen, sind zur Mitarbeit bei GAIA-X eingeladen: Sowohl durch den Beitrag technischer Expertise, durch die Einreichung neuer Use-Cases als auch durch die aktive und kontinuierliche Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe.
Ihr Interesse können Sie per Mail an contact@data-infrastructure.eu bekunden.